Aikidoka – Kommst du nach Japan

„Aikidoka – kommst du nach Japan“. Mit diesem Thema veranstaltete der AVNI am 10.04.2021 das erste Zentraltraining pandemiebedingt in digitaler Form über Zoom.

Norbert Knoll, 1. Vorsitzender des AVNI, begrüßte alle Teilnehmenden und bekundete die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen beim echten Training auf der Matte, was sicherlich allen Anwesenden aus dem Herzen sprach. Anschließend referierte Claus-Dieter Sonnenberg, 5. Dan Aikido, über das gelebte Aikido in Japan und verdeutlichte die zum Teil erheblichen Unterschiede zum praktizierten Aikido in Deutschland. Für jede Trainingsstunde muss etwa regelmäßig vor Ort bezahlt werden, wodurch mit der Zeit enorme Kosten anfallen können, sofern Aikido längere Zeit verfolgt und praktiziert wird. Im berühmten „Honbu Dōjō“, Hauptdojo des Aikidos und Stiftungssitz des Aikikai, geben verschiedene Trainer zu definierten Zeiten Unterricht, wobei eine Unterrichtseinheit nach einer selbstständigen Aufwärmung gerade einmal 45 Minuten umfasst. Die Trainierenden haben hier keinen festen Meister, sie sind zunächst einfache Teilnehmende, die für ihr gezahltes Geld dem Training beiwohnen dürfen. Allerdings kann es passieren, dass ein Lehrer vor Ort, wenn man regelmäßig das Training besucht und entsprechende Leistung zeigt, einem zum Training in das eigene Dojo einlädt. Denn in Japan sucht sich kein Schüler einen Meister aus, der jeweilige Meister (Sensei) sucht sich den Schüler (Deshi) aus. Dabei geht das Verhältnis zwischen Sensei und Deshi deutlich weiter, als hierzulande zwischen Trainer und Schüler. Die persönliche Bindung zwischen Sensei und Deshi kann intensiver werden als das Verhältnis zu den eigenen Eltern. Das gemeinsame Interesse an diesem besonderen Verhältnis wird in sehr traditionellen Dojos urkundlich mit dem eigenen Blut und Daumenabdruck besiegelt. So verpflichten sich beide Seiten für den gemeinsamen Weg des Aikido.

Weitere Besonderheiten zeigen sich in den Gürtelfarben. Während im DAB (und einigen anderen Fachverbänden) jedem Kyu-Grad eine eigene Gürtelfarbe zugewiesen ist (üblich: weiß, gelb, orange, grün, blau, braun), wird in Japan üblicherweise bis zum 1. Kyu-Grad ein weißer Gürtel getragen. Es wird bis zum 3. Dan keine eigene Interpretation von Techniklehre erwartet, sondern der Schüler führt die Techniken genau so aus, wie es der Sensei vorgibt. Hierbei wird der Schüler in der Regel nicht korrigiert, sondern kann sich Rat bei seinem „Sempai“ (zugewiesener Schüler, der länger im Dojo trainiert als man selbst) einholen. Der Sempai ist dazu verpflichtet seinen „Kōhai“ (Schüler, der kürzere Zeit im Dojo trainiert als der Sempai) zu unterstützen (Sempai- Kōhai -Verhältnis). So werden fehlerhafte Ausführungen von Techniken des Kōhai dem Sempai zur Last gelegt. Nach Abschluss des gesamten Prüfungsprogramms erhält der zum Meister gewordene Schüler sein sogenanntes Mokuroku, eine Schriftrolle, auf der die erlernten Techniken festgehalten werden. Es dient als „beglaubigter“ Nachweis des Kenntnisstandes und der Lehrbefähigung für diesen Lehrstoff.

Anders als vielleicht gedacht oder durch Filme suggeriert, gehören Budosportarten in Japan eher zu den Randsportarten. Lediglich einzelne Elemente von Judo oder anderen Budo-Disziplinen werden in der Schule gelehrt.

Neben den Erfahrungen von Claus-Dieter konnten auch andere Aikidoka ihre gemachten Erfahrungen in Japan in die Gruppe einbringen. Dazu gehörten auch die Anfänge des Aikidos in Deutschland, von denen Bundestrainer Alfred Heymann, 8. Dan Aikido, aus eigener Erfahrung berichtete.

Insgesamt verfolgten 32 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Vortrag und bescheinigten der Veranstaltung eine positive Rückmeldung. Viele wünschen sich die Fortsetzung von Trainingseinheiten in diesem Format, solange praktisches Aikido aufgrund der Pandemie nicht möglich ist. Sehr schön war es auch, ganz neue Gesichter in der Runde begrüßen zu dürfen.

Wir halten euch auf dem Laufenden über künftige Veranstaltungen und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen.

 

Stefan und Kevin für den Aikido-Verband Niedersachsen e. V.